Eine neue Studie sorgt seit Ende letzten Jahres für reichlich Wirbel unter Ärzten und Patienten: Einige Studien-Teilnehmer mit Schulterschmerzen erhielten eine Operation, anderen wurde dieser Eingriff nur vorgetäuscht. Als die Ärzte anschließend untersuchten, wer von ihnen weniger Schmerzen hatte, waren sie sehr überrascht. Hören oder lesen Sie selbst, welche erstaunlichen Erkenntnisse die durchgeführte Studie aufzeigt.
Dieser Beitrag wurde freundlicherweise von Liebscher & Bracht zur Verfügung gestellt.
In der Studie wurde an 32 verschiedenen Krankenhäusern in Großbritannien eine Placebo-kontrollierte Studie mit Patienten durchgeführt, die mindestens seit drei Monaten unter Schulterschmerzen litten. Diese Schmerzpatienten hatten zuvor bereits eine herkömmliche Physiotherapie durchlaufen und mindestens eine Steroid-Spritze bekommen — ohne dass ihre Beschwerden deutlich besser wurden. Die Versuchsleiter teilten diese Probanden in drei Gruppen mit jeweils 100 Patienten ein:
Was geschah in den verschiedenen Studien-Gruppen?
1. Gruppe: Schulter-Operation
Die Patienten in der ersten Gruppe bekamen genau das, was sie erwarteten: eine sogenannte Spiegelung des Schultergelenks (Arthroskopie) mit therapeutischer Behandlung. Diese Operation zählt zu den häufigsten Eingriffen bei Schmerzen im Schultergelenk. Dabei wird über einen Hauteinschnitt ein langes, dünnes Rohr mit einer Kamera (Arthroskop) und kleinen chirurgischen Werkzeugen an das Schultergelenk eingeführt. Anschließend wird das Gelenk untersucht sowie Knochen- und Bindegewebe zur Vergrößerung des Gelenkspaltes ausgeräumt.
2. Gruppe: Placebo-Operation
In der zweiten Gruppe dachten die Patienten ebenfalls, dass an ihrer Schulter eine Gelenkspiegelung durchgeführt werden würde — allerdings fand das nie statt. In Wirklichkeit bekamen sie eine Placebo-Operation: Das Arthroskop (das lange, dünne Rohr mit der Kamera) wurde zwar an das Schultergelenk eingeführt, aber es wurden weder eine Untersuchung noch ein chirurgischer Eingriff vorgenommen. Nach der Operation hatten die Patienten auch die typische Narbe an der Schulter und gingen fest davon aus, dass sie wirklich eine Gelenkspiegelung bekommen hatten.
3. Gruppe: Termin verschoben
Die Patienten der dritten Gruppe bekamen weder eine echte noch eine Schein-Operation. Ihnen wurde gesagt, dass der OP-Termin leider verschoben werden müsse und sie an einem anderen Tag noch mal wiederkommen sollten.
Damit hatten die Ärzte nicht gerechnet!
Die Studienleiter untersuchten jeweils nach sechs und nach zwölf Monaten, ob sich die Schulterschmerzen bei den Patienten der unterschiedlichen Gruppen verringert hatten. Eigentlich hatten sie erwartet, dass diejenigen, die tatsächlich eine Operation bekommen hatten, auch weniger Schulterschmerzen haben. Doch es kam ganz anders:
Zwischen der Gruppe, die eine Operation erhalten hatte, und der Gruppe, bei der nur ein Placebo-Eingriff vorgenommen wurde, konnte KEIN Unterschied festgestelltwerden.
Die Maßnahme, bei der ersten Gruppe Knochen- und Bindegewebe zur Vergrößerung des Gelenkspaltes auszuräumen, war also völlig unnötig! Die Placebo-Operation hatte die gleiche Wirkung auf die Schmerzen.
Die Überraschung wurde noch größer, als die Studienleiter die Ergebnisse der dritten Gruppe untersuchten:
Die Patienten, die überhaupt keinen Eingriff erhalten hatten und wegen Terminverschiebung einfach wieder nach Hause geschickt wurden, hatten am Ende fast genauso geringe oder starke Schulterschmerzen wie die Gruppe, die eine Operation bekommen hatte. Es konnte lediglich ein leichter, klinisch nicht relevanter Vorteil der ersten beiden Gruppen gegenüber der dritten festgestellt werden. Gar keine Operation durchzuführen, hatte also nahezu genauso viele Auswirkungen auf die Schulterschmerzen wie eine tatsächlich durchgeführte Operation. Die Studienleiter konnten es kaum glauben!
„In der Schmerztherapie muss sich unbedingt etwas ändern!“
Einer der leitenden Ärzte, David Beard, kam nach diesen Studien-Ergebnissen zu einem eindeutigen Fazit:
„Bei Schulter-Beschwerden durch Impingement sollten im Lichte unserer Studie künftig andere Behandlungsoptionen erwogen werden!“
Wir freuen uns natürlich, dass dies nun endlich erkannt wurde, und sind über die Ergebnisse der Studie auch keineswegs verwundert. Wir wissen schon lange, dass die Schmerzen durch überspannte, unnachgiebige Muskeln und Faszien entstehen. Wenn diese Spannungen nicht normalisiert werden, bleiben auch die Schmerzen weiterhin bestehen. Durch die Narkose bei der Operation kann es zwar zu temporären Verbesserungen der Schmerzen kommen, da so auch die Muskeln und Faszien entspannt werden, jedoch halten diese Verbesserungen nicht dauerhaft an.
Chirurg: „Wir schneiden manchmal nur, weil wir daran glauben wollen!“
Trotz dieser Ergebnisse raten viele Ärzte bei Schulterschmerzen immer wieder zur Arthroskopie, weil sie meist keine sinnvolle Alternative kennen. Hartwig Bauer, langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, gibt dies in der Süddeutschen Zeitung auch offen zu:
„Wir schneiden manchmal nur, weil wir daran glauben wollen und die Patienten überzeugt sind, dass der Eingriff hilft.“
Umso wichtiger ist es, dass die Liebscher & Bracht-Schmerztherapie immer mehr Menschen erreicht, um ihnen eine wirklich effektive Behandlung gegen ihre Schmerzen zu ermöglichen — ohne Operationen oder Medikamente.
Die Studie zur Schulter-OP im Original:
David Beard, Andrew Carr et al.: „Arthroscopic subacromial decompression for subacromial shoulder pain.“ In: The Lancet Vol. 391, No. 10118, S. 329–338. >> Online abrufbar